Portrait von Rechtsanwalt Lorenz Ebner in der Kanzlei

Wer erbt, wenn kein Testament vorhanden ist?

Diese Frage stellen sich frisch verheiratete Paare wohl eher selten. Die verbreitete Annahme, dass der länger lebende Ehepartner eines kinderlosen Paares allein erben würde, erweist sich jedenfalls als Irrglaube. Sollte nämlich ein Partner versterben, ohne ein Testament zu hinterlassen, findet die gesetzliche Erbfolge Anwendung. Das bedeutet unter Umständen: Teilen mit der angeheirateten Verwandtschaft.

Die gesetzliche Erbfolge im italienischen Erbrecht

Die gesetzliche Erbfolge im italienischen Erbrecht bestimmt sich vorwiegend nach der Verwandtschaft zum Erblasser: Sind Kinder oder Enkelkinder vorhanden, treten diese zusammen mit dem Ehegatten als Erben ein und schließen somit die restlichen Verwandten von der Erbfolge aus. Sollten aber keine Abkömmlinge des Verstorbenen vorhanden sein, sind neben dem überlebenden Ehegatten auch die Eltern und Geschwister des Verstorbenen erbberechtigt. Dem Ehepartner stehen in diesem Fall zwei Drittel der Erbschaft zu, ein Drittel bekommen die Eltern des Erblassers. Sollten neben den Eltern auch Geschwister vorhanden sein, so steht auch diesen ein Teil der Erbschaft zu. Der Erbteil der Eltern verringert sich in diesem Fall auf ein Viertel, nicht aber jener des Ehegatten.

Absicherung durch ein Testament

Wie wichtig eine testamentarische Verfügung für die Zukunft eines kinderlosen Paares also sein kann, verdeutlicht sich im folgenden Szenario: Kurz nach der Heirat eines Paares verstirbt der Ehemann, der kein Testament hinterlassen hat. Die kinderlose Witwe erbt zusammen mit den Schwiegereltern und den Geschwistern ihres verstorbenen Gatten. Für die Witwe könnte dies bedeuten, die neu erworbene Wohnung, die Uhrensammlung oder den Oldtimer ihres verstorbenen Gatten verkaufen zu müssen, um die Miterben auszahlen zu können.

Mit der Errichtung eines Testaments kann dies zumindest teilweise verhindert werden. Nach italienischem Erbrecht kann der Erblasser zwar auch mit einem Testament nicht völlig frei über sein Vermögen verfügen. Der Ehegatte, die ehelichen und unehelichen Kinder sowie die ehelichen Vorfahren haben nämlich einen Pflichtteilsanspruch. Im vorhin genannten Beispiel wäre der Pflichtteilsanspruch der Eltern, welcher ein Viertel der Erbmasse beträgt, aber geringer als die ihnen nach gesetzlicher Erbfolge zustehende Quote. Die Geschwister können rechtmäßig ganz von der Erbschaft ausgeschlossen werden. Darüber hinaus muss ein Pflichtteilsanspruch, der im Testament nicht berücksichtigt worden ist, erst aktiv eingeklagt werden, während die Erben in der gesetzlichen Erbfolge automatisch berufen sind. Es ist somit in jedem Fall ratsam, den eigenen letzten Willen in einem Testament auszudrücken, welches selbstverständlich jederzeit abgeändert und an eine eventuelle neue Lebenssituation angepasst werden kann.

Rechtsanwalt Lorenz Ebner